Page 94 - 40 Jahre Galerie Ewald Schrade - Von der Freude mit der Kunst zu leben
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Julius Kaesdorf
Der Maler und Rechtsanwalt Julius Kaesdorf lebte mit
seiner Frau Romane in Biberach an der Riß. Dort hatte
er in der Stadtmitte eine sehr eigenwillige Kanzlei, in
der es nicht nur Akten, sondern immer viele Bilder gab.
Sie hatten alle das gleiche Format und waren deshalb
praktisch in Kartons zu stapeln. Als ich mit ihm 1974
in der Kanzlei meine erste Ausstellung für die Schloß-
hofgalerie Kißlegg aussuchte, beeindruckte mich sehr,
wie Julius Kaesdorf die kleinen Formate auf die an die
Wände geschraubten Leisten stellte und in Windeseile
die Kanzlei in einer Art Petersburger Hängung zu einem
Museum verwandelte. Die Ausstellung wurde von Julius
Kaesdorf selbst eröffnet. Es war immer ein Hochgenuss,
ihm zuzuhören. Zu diesem Anlass verlegte ich mein erstes
Buch mit Zeichnungen mit dem Titel „38 Aufzeichnungen
ohne Perspektivschatten“. Es wurde als Faksimile-Ausgabe
Julius Kaesdorf und Ewald Schrade in Kißlegg
in 100 nummerierten und signierten Exemplaren gedruckt,
die bereits während der Ausstellung vergriffen waren. Ein
weiteres Buch folgte 1984 mit dem Titel „Schon wieder
38 Aufzeichnungen ohne Perspektivschatten“ in einer 1914 in Bóly/Deutschbohl in Ungarn geboren
Faksimile-Ausgabe mit 300 nummerierten und signierten
Exemplaren. Julius Kaesdorf blieb bis zu seinem Tode Kaesdorf wuchs in Osijek/Esseg in Kroatien auf
1993 ein liebenswerter aber auch kritischer Freund, der 1934–1938 Studium der Rechtswissenschaft in
manche Ausstellungsrede in der Galerie gehalten hat. Zagreb
Auch zur ersten Winterakademie hielt er eine unvergessli- 1950 kam er nach dem Zweiten Weltkrieg nach
che Abschiedsrede an Teilnehmer und Dozenten. Deutschland, wo er im schwäbischen Biberach an der
Riß als Rechtsanwalt und Maler arbeitete; er war mit
der Malerin Romane Holderried Kaesdorf verheiratet
1993 in Biberach an der Riß verstorben
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