Page 7 - Galerie Ewald Schrade - Christoph Lehmpfuhl - Aquarelle
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genähert.  In  sechs  Reihen  stehen  die  Gläser  unten  hinter  einander.  Der  rubinrote
               Römer im  Vordergrund zieht die Blicke auf sich und erhält farbige Bezüge in der
               Tiefe in Orange, Grün und Blau. Die Transparenz des Glases wird auf vielfältige Weise
               dargestellt – bis hin zu der grün aufleuchtenden Kante des oberen Glasbords, in dem
               Lehmpfuhl nach den Kelchen unten nun die Stiele und Füße der Gläser durchexerziert.
               Immer wieder ist bemerkenswert, wie er lichtvolle Konturen durch freigelassenes
               Papier indirekt zeichnet.
                 Mit Rosen im Advent, 2021 geht er kräftiger um. Aber auch hier ist die dunklere Farbe
               immer wieder durch stehengelassenes Papier konturiert. Die räumliche Wirkung wird
               durch den adventlichen Lichtbogen im Fenster verstärkt, der dem Auge einen Ausweg
               ins Helle bietet.
                 Zwei Blätter tragen den Titel Lichteinfall. Das 2021 entstandene Aquarell hat sich
               wieder wie mit einem Zoom seinem Thema genähert und zeigt einen Ausschnitt.
               Nach den Regeln des Kubismus stoßen Teppich, Türen und Paravent in den Raum vor.
               Wie Treppen ist das Parkett angeordnet, das den Weg in die Tiefe bahnt, aus der dem
               Betrachter Lichtfluten entgegen schlagen. Gerade der Ausschnitt steht für die abstrakte
               Ordnung, die der Künstler hervorhebt. Das 2022 gemalte Blatt mutet konventioneller
               an,  denn  man  denkt  gleich  an  Menzels  Balkonzimmer.  Hier  konzentriert  sich  der
               Ausschnitt ganz auf das lange, von der Seite hereinfallende Sonnenlicht. Faszinosum
               des  Lichts und  abstrakte  Bildordnung  bilden die  Essenz  von  Mondnacht, 2022 und
               verwandten Blättern, die den Raum aufklappen und verdichten.
                 Einen  großen  Teil  der  Arbeiten  –  wie  könnte  es  bei  Christopher  Lehmpfuhl
               anders sein? ­ nehmen Landschaften ein. Fabelhaft, wie er das virtuose Hintuschen
               beherrscht, etwa in den Spuren im Schnee, 2021. Licht ist sein großes Thema – in allen
               seinen Bildern. Aber die Bilder sind auch gut gebaut: Etwa der Giebel im Vordergrund
               von Sinabell im Abendlicht, 2022, der das Auge ins Bild hineinführt, das die summarisch
               zusammengefassten Formen der Berggipfel charakteristisch neben einander stellt
               und Schatten und gleißendes Licht rhythmisch wechseln lässt. Herrliches Licht  eines
               Sonnenuntergangs und dazu das funkelnde Auf und Ab des Wassers in  Seebrücke
               im Abendlicht, 2022 oder die durch die Baumwipfel scheinende und auf dem Weg
               widerscheinende  Sonne  in  Sonnige Parkszene, 2022  betonen  die Leichtigkeit  des
               Aquarells, sind aber vollgültige Bildgestaltungen.
                 Eine weitere Spezialität sind die Spiegelungen, die den Maler stets fesseln.
               Regenspiegelung, 2022 und  Wolkenspiegelung, Buckow, 2022 sind  schöne Beispiele,
               letzteres auch dafür, dass er im Aquarell auch schwere, ja wuchtige  Verhältnisse
               darstellen kann. Insofern sind seine Ölbilder wieder nah. Auf  Sonniges Feld bei
               Hümmerich, 2022 sind die vom Wind getriebenen Halme des Feldes im Vordergrund
               von der peitschenden Wucht geprägt, die wir aus seinen Ölbildern kennen.
                 Vor Jahren sahen wir seine Karlsruhe Bilder an diesem Ort. Nun legt er teilweise
               dieselben Motive in Aquarell nach und beweist damit vor allem sich selber, dass er mit
               Pinsel und Wasserfarbe komplexe Motive detailliert darstellen kann, sei es am Schloss,
               sei es am Marktplatz der Stadt.
                 Lehmpfuhl hat 2019 den inzwischen mit € 10.000 dotierten  Wolfgang Klähn­
               Preis erhalten, der an einen  Maler erinnert, der nahezu sein  gesamtes  Werk mit
               Wasserfarben gemalt hat und der durch reiches Lasieren zu gemäldeartigen Werken
               von starker Leuchtkraft gelangt ist. Diese Anregung hat Christopher Lehmpfuhl noch
               nicht aufgegriffen, aber wer weiß, wohin ihn sein Weg noch führen wird? Wir freuen
               uns an den gemalten Aquarellen und vor allem daran, dass dies ganz frisch unter uns
               entstanden ist, in einer Zeit, in der immer wieder gesagt wird: Heutzutage kann man
               nicht mehr… Doch, man kann, und Christopher Lehmpfuhl kann es und tut es auch.

               Thomas Gädeke
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