Page 136 - 40 Jahre Galerie Ewald Schrade - Von der Freude mit der Kunst zu leben
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Georg Meistermann
Georg Meistermann ist eine Schlüsselfigur in meinem
Galeristenleben. 1975 besuchte ich die 21. Jahres-
ausstellung des Künstlerbundes Baden-Württemberg in
Karlsruhe. Ein großformatiges Bild des Malers Georg
Meistermann – 2,40 auf 4,20 Meter – mit dem Titel
„Rot über Grün“ zog mich sofort in seinen Bann. Damals
war mir der in Köln lebende Meistermann noch kein
Begriff. Als ich erfuhr, dass er einer der ganz großen
Nachkriegskünstler und ein viel gefragter Schöpfer von
Glaskunst für Sakralbauten ist, bis vor kurzem Direktor
der Akademie und Präsident des Künstlerbundes war,
erstarrte ich in Ehrfurcht. Ich traute mich nicht, eine so
hochgestellte Persönlichkeit wegen einer Ausstellung in
Kißlegg anzusprechen. Hier half dann Shmuel Shapiro,
den ich ebenfalls bei der Karlsruher Ausstellung entdeckt
hatte. Als er zu mir nach Kißlegg kam, erzählte er: „Ich 1911 in Solingen geboren
kennen gut die Schorschi“. Er rief dann bei Meistermann
an und sagte: „Du Georg, ich habe hier getroffen eine 1930–1933 Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie
junge Galerist, der haben eine Taube im Kopf und ist bei W. Heuser, H. Nauen und E. Mataré
sehr engagiert“. Er übergab mir den Hörer und Meister- 1933 verordneter Studienabbruch und Ausstellungsverbot
mann wies mich sehr freundlich und wohlwollend auf 1945 kulturpolitischer Berater der Amerikaner und
eine gerade laufende Ausstellung im Kunstforum Rottweil Kulturamtsleiter der Heimatstadt Solingen
hin. Die solle ich mir anschauen und danach bei seinem 1949 Übersiedlung nach Köln, fünf Fenster für die
Künstlerfreund Erich Hauser vorbeigehen. Das machte Wittlicher St. Markus-Kirche
ich postwendend. Als ich mir die Ausstellung anschaute, 1954 vier Treppenhausfenster, „Die Apokalyptischen
stieg meine Ehrfurcht allerdings noch mehr. Am Spätnach- Reiter“, für das Alte Rathaus in Wittlich
mittag des gleichen Tages meldete ich mich bei Erich 1955/59 Teilnahme an der documenta I und II
Hauser, der mich freundlich auf seiner Terrasse empfing. 1967–1972 Präsident des Deutschen Künstlerbundes
In lockerem Gespräch fragte er mich etwas über meine 1970 Bundeskanzler Willy Brandt ruft auf Vorschlag von
Vorhaben aus. Als Autofahrer trank ich immer wieder Georg Meistermann die Bundeskunstsammlung ins Leben
eine Flasche Wasser und Erich Hauser immer wieder ein 1974 Kulturpreis der Stadt Solingen; Monumentalwand
Fläschchen Wein. Zwischendurch klingelte das Telefon für das ZDF-Sendezentrum Mainz
und ich hörte von ferne, dass Hauser den Anrufer ver- 1975 Staatspreis des Landes Rheinland-Pfalz
tröstete: „Ruf doch später noch mal an“. Als es langsam 1989 Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen
dämmerte, klingelte es wieder. Hauser sagte am Telefon: 1990 Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband;
„Du Georg, das geht schon in Ordnung, das kannst Du Gründung der Georg-Meistermann-Gesellschaft in Wittlich
machen“. Mir sagte er dann, Meistermann habe gesagt,
dass das mit der Ausstellung in Ordnung ginge. 1990 in Köln verstorben
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