Page 138 - 40 Jahre Galerie Ewald Schrade - Von der Freude mit der Kunst zu leben
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Gleich am nächsten Tag bedankte ich mich telefonisch
                        bei Meistermann, holte später die Bilder vom Rottweiler
                        Kunstforum ab und begann mit den Vorbereitungen. Die
                         Ausstellung in Kißlegg sollte am 3. April 1976 eröffnet
                       werden. Zu meiner großen Überraschung kam einen Tag
                       vorher ein Taxi vorgefahren, aus dem ein Herr mit kamel-
                        haarfarbenem Sakko aus Vikunja-Nackenhaaren-Wolle
                          und mit Maßschuhen von einem berühmten Solinger
                       Prominenten-Schuster stieg. Es war Meistermann, der mit
                          der Bahn von Köln nach Stuttgart und dann von dort
                        per Taxi ins Allgäu gefahren war. „O Gott“, dachte ich,
                        „was wird der wohl sagen, wenn die Bilder noch nicht
                        hängen?“ Er schaute sich um und meinte: „Das ist aber
                         toll hier“. Auf seinen Wunsch gingen wir gleich in die
                          Galerie-Räume. Alle Bilder standen auf dem Boden.
                        Meistermann meinte: „Geben Sie mir mal einen Besen,
                              dann mach ich hier erst mal anständig sauber“.
                        Nachdem er das in die Tat umgesetzt hatte, begannen
                        wir gemeinsam, die Ausstellung zu hängen. Da es sich
                       um alte Renaissance-Mauern handelte, war das Nageln
                       nicht ganz so einfach. Das erste Bild fiel prompt von der
                        Wand. Meistermanns einziger Kommentar war, dass es
                         ein schlechtes Bild sein müsse, wenn es keinen Kratzer   Ich hatte zwar viel Resonanz, aber leider kein Bild
                       vertrage. Danach ging alles reibungslos, so dass wir am   verkaufen können. Als ich Meistermann sämtliche Bilder
                      nächsten Tag eine wunderbar präsentierte Ausstellung mit   nach Köln zurückbrachte, entschuldigte ich mich dafür.
                               einer Ansprache von Georg Meistermann vor   Er sagte daraufhin, dass ihm das nichts ausmache und
                       zahlreichem, hochinteressiertem Publikum machen konnten.     fragte nach den Kosten des Plakates. Ich nannte ihm

                                                                         1550 Mark. Worauf er antwortete: „Das zahle ich
                                                                         Ihnen“. Das wollte ich auf keinen Fall. Ich hätte schließlich

                                         Georg-Meistermann-Ausstellung in Mochental  den Ehrgeiz, eine Galerie auch wirtschaftlich führen zu
                                                                         können. Dazu müsse man selber in der Lage sein, ein
                                                                         Plakat zu finanzieren. Worauf er sagte: „Ich habe den
                                                                         Ehrgeiz, Ihnen jetzt einen Scheck zu schreiben und das
                                                                         mache ich auch“. Er gab mir einen Scheck über die
                                                                         Plakatkosten mit. Das war der Einstieg in eine enge,
                                                                         intensive und von hohem Geist getragene Freundschaft
                                                                         bis zu seinem Tode in Köln 1990. Die Meistermann-
                                                                         Investition zahlte sich später übrigens aus, weil ich bei
                                                                         vielen großen Ausstellungen in meinen Galerien und auf
                                                                         internationalen Messen sehr viele Meistermann-Bilder in
                                                                         große Sammlungen verkaufen konnte.








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